Der aktuelle Nachrichten-Feed von Henning Uhle - Beobachtungen von der Fensterbank und Anleitungen für Leute
“Tradition siegt über Kommerz” – so heißt es heute im “Glubb-Blog”, dem Blog der Fans vom 1. FC Nürnberg. Der Fanclub des lang von der Textilienmarktkette ARO unterstützten 1. FC Nürnberg freuen sich zurecht über den Heimsieg gegen den von Red Bull unterstützten Aufsteiger RB Leipzig. Tradition hat “der Club” aus Nürnberg selbstverständlich mehr als die “Roten Bullen” aus Leipzig, aber nicht weniger Kommerz. Also was soll’s? Nun aber mal zum Spiel gestern.
Der Leipziger Club fuhr nach Nürnberg, um sich für die letzten Wochen zu rehabilitieren. Schließlich war nicht viel zu holen gewesen. Sie spielen natürlich weiterhin oben in der Tabelle mit. Aber sie wollten auch mal wieder gewinnen. So kam es ihnen zupass, dass die Langzeit-Verletzten Terrence Boyd und Fabio Coltorti wieder mit an Bord waren. Überhaupt, was ich so die Woche über las, klang alles danach, als ob sie mit breiter Brust nach Franken fahren würden.
Der große Nummer 1 der Leipziger, der Schweizer Coltorti wurde aber gar nicht eingesetzt. Warum auch, wenn seine Vertretung Benjamin Bellot in den letzten Wochen überzeugende Leistungen abgeliefert hatte? Tja, und Boyd kam eine halbe Stunde vor Schluss. Und Kapitän Frahn kam kurz vor dem Ende.
Insgesamt war da ein Spiel in Nürnberg abgelaufen, dass sich größtenteils 2 gleichwertige Mannschaften gegenüber standen. Nichts deutete darauf hin, dass Nürnberg ein Absteiger aus der Bundesliga und RB Leipzig ein Aufsteiger aus der 3. Liga ist. Bis vor wenigen Wochen trennten beide Vereine 2 Ligen. Trotzdem hoben sie sich gegenseitig auf. Es kam zu nicht wirklich vielen Torchancen, wenn man so die Einschätzungen mitbekommt.
RB Leipzig arbeitete meist ungenau, was die Stürmer verblassen ließ. Die Schaltzentrale Dominik Kaiser bediente man von hinten her zu großen Teilen mit hohen Bällen, was den kleinen Ballkünstler nicht ins Spiel brachte. Die Franken waren auch nicht wirklich besser. Und so fand ein recht zerfahrenes Spiel statt. Bis dann eine Viertelstunde vor Schluss der Nürnberger Schöpf doch treffen konnte. Ausführlich liest man das dann gern mal beim Rotebrauseblogger nach.
Mit nach Nürnberg fuhren 1500 Gästefans. Das ist insofern beachtlich, weil es ein Freitagabend-Spiel war und man den Leipzigern gern vorwirft, keine echten Fans zu haben. Aber die Zahl spricht eigentlich Bände, dass dem irgendwie nicht so ist. Insgesamt waren knapp 29000 Zuschauer im ehemaligen Frankenstadion. Man kann auch hier von Boykott reden, da ja das Stadion wesentlich mehr Zuschauer (nämlich etwa 50000) fasst und die Nürnberg-Fans angeblich so enthusiastisch sein sollen.
Die beiden Mannschaften waren gleichwertig. Und so hätte sich auch niemand bei einem Remis beschweren dürfen. Dass Nürnberg dann doch die drei Punkte eingesammelt hatte, lag wohl an der größeren Cleverness. Das ist kein Beinbruch für RB Leipzig. Man ist ja weiterhin ein Aufsteiger. Und man kann wohl sagen, dass ein paar nicht gewonnene Spiele die Welt nicht untergehen lassen. Man hat sich trotzdem nicht unterkriegen lassen, ein gleichwertiger Gegner zu sein, ist doch auch eine Leistung.
Man hat die Kunst erlernt, auch mal zu verlieren. Ich habe vor der Saison viel mitbekommen, dass “der Dosenclub” die Liga dominieren wird. Ich habe immer gemeint, dass das Blödsinn ist. Dass nun auch mal Spiele unentschieden ausgehen oder verloren gehen, ist ein normaler Lauf der Dinge. Das gehört meiner Ansicht nach dazu, um eine normale Entwicklung des Clubs zu nehmen. Deshalb würde ich es wichtig finden, wenn man sich auf Konsolidierung und nicht auf Durchmarsch konzentriert.
Aber die Kritiker bleiben nun natürlich auch nicht weg. Man frotzelt schon vor sich hin, dass der RB Leipzig nun gegen den Abstieg spielen würde und man förmlich Probleme haben würde, die Klasse zu halten. Natürlich ist das Unsinn. Man spielt weiterhin in der oberen Tabellenhälfte mit, und das ist doch das Beste, was man von einem Aufsteiger erwarten kann.
Wird nun Trainer Zorniger etwas anders machen? Nein, warum auch? Aber vielleicht bringt er einen neuen Sturm mit Frahn und Boyd? Und vielleicht kommt er dazu, seinen Leuten die hohen Bälle auszutreiben. Aber grundsätzlich etwas anders zu machen, dazu besteht kein Grund. Sie sollen nur in Ruhe weitermachen. Denn sie sind nicht schlechter als andere. Damit ist doch eigentlich alles gesagt.
Der Artikel RB Leipzig und die Kunst zu verlieren erschien zuerst hier: Henning Uhle. (C) by Henning Uhle. Unautorisierte Vervielfältigung verboten. / Unauthorized duplication prohibited.